Studie: 67 Prozent der ÖsterreicherInnen haben Mobbing am Arbeitsplatz erlebt

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Es passiert jeden Tag. Branchenunabhängig. Es kann dem Fabrikhallenarbeiter passieren oder dem auf dem Schreibtischstuhl sitzenden Büroarbeiter und die Konsequenzen können ein dramatisches Ausmaß annehmen, wenn es nicht gestoppt wird: Mobbing. Obwohl das Problem in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gerückt ist, wird immer noch nicht genug getan, um Opfern zu helfen und Mobbing zu stoppen.

Das liegt unter anderem daran, dass es nicht genug Informationen zum Thema gibt und die Aufklärung nicht gut genug ist. Auch im Interview mit Psychotherapeutin Mag. Elisabeth Knizak, die Menschen im Zentrum für Mobbingberatung und Konfliktlösung am Arbeitsplatz berät, gibt die Mobbing-Expertin an, dass die Zahl der Mobbingopfer in den letzten Jahren gestiegen ist. Das Thema Mobbing am Arbeitsplatz wird also immer wichtiger.

Mobbing Zeichnung von Cliff van Thillo

Im Rahmen einer österreichweiten repräsentativen Studie mit insgesamt 500 TeilnehmerInnen haben wir uns diesem Thema angenommen. Hauptsächlich mit dem Ziel, die Hintergründe von Mobbing am Arbeitsplatz näher zu beleuchten, um herauszufinden, wie häufig österreichische ArbeitnehmerInnen mit Mobbing am Arbeitsplatz konfrontiert sind und wie sie in einer Mobbingsituation reagieren.

 

Mobbing – was ist das eigentlich?

Eine konkrete Definition von Mobbing am Arbeitsplatz ist noch nicht im österreichischen Gesetz verankert, aber laut der Wirtschaftskammer Österreichs ist „Mobbing ein Verhalten unter Arbeitnehmern, das darauf abzielt, eine Person zu verletzen, einzuschüchtern, zu entmutigen, auszugrenzen oder aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen. Mobbing kann auch von Vorgesetzten ausgehen oder sich gegen solche richten“.

Folgen können sowohl schwere psychologische oder psychosomatische Schäden, als auch soziale Isolierung am Arbeitsplatz sein. Mobbing hat viele Formen; vom Ausschließen oder Ignorieren eines Kollegen, über Telefonterror bis hin zu Einschüchterungen.

Mobbing ist oft schwer von außen zu erkennen, da es sich laut Knizak in der Mehrzahl der Fälle um einen Gruppenprozess handelt. Das heißt, der Mobber ist nur ein kleiner Teil in einer Gruppe von Anhängern und Zuschauern, die nicht unbedingt aktiv involviert sind, aber die Handlung geschehen lassen oder sogar unterstützen.

  Mobbing in österreichischen Firmen

 

Wie sieht die Mobbingsituation in österreichischen Büros wirklich aus?

Mobbing kann überall bei der Arbeit auftreten und das unabhängig davon, in welcher Branche Sie arbeiten. Laut der von uns mithilfe des Meinungsforschungsinstituts OnePoll durchgeführten repräsentative Studie haben in Österreich zwei Drittel (66,8 Prozent) der ArbeitnehmerInnen schon einmal Mobbing am Arbeitsplatz erlebt, oder waren sogar selbst Opfer oder Täter. Das ist schockierend besonders weil 58,4 Prozent der Befragten angaben, dass Mobbing am Arbeitsplatz kein Problem sei.

Mobbing wird also offensichtlich von vielen nicht als großes Problem angesehen, obwohl immer mehr Menschen betroffen sind und viele es schon beobachtet haben oder sogar am eigenen Leib erfahren mussten. Mobbing geht in vielen Fällen auch vom Management aus und hat einen wirtschaftlichen Hintergrund. Expertin Knizak gibt an, dass sich dies dann oft gegen ältere Mitarbeiter richtet mit der Absicht der Vertreibung und der Kosteneinsparung.

Das wird bestätigt von unserer Studie, denn wir konnten feststellen, dass Mobbing altersabhängig sein kann. So wurden zum Beispiel 18- bis 44-Jährige im Durchschnitt weniger gemobbt (20,6 Prozent) als Personen der Altersgruppe 45 bis 55+ (27,3 Prozent).

 

Wie verhalten wir uns in einer Mobbingsituation?

Wie hoch die Schmerzgrenze eines Menschen ist, variiert stark. Elisabeth Knizak berichtet: „Da gibt es welche, die Jahrzehnte im Extremfall benötigen und andere, die brauchen etwa ein halbes Jahr. Wieder andere kommen sehr schnell, weil die wissen möchten, was los ist. Das ist allerdings eher die Minderheit. […] Die Leute kommen meistens erst dann, wenn es für sie unerträglich wird.“.

Auch wenn viele sich erst spät wehren, so tun sie es doch, denn 84,2 Prozent der von uns Befragten gaben an, sich in einer Mobbingsituation zur Wehr zu setzen. Für einen Kollegen, der gemobbt wird, würden sich sogar dreiviertel der Befragten einsetzen und entweder mit dem Mobber sprechen oder sich ans Management wenden.

Wie verhalten sich ÖsterreicherInnen bei Mobbing

Auch wenn die Mehrzahl der Befragten angibt, sich in einer Mobbingsituation Hilfe zu suchen, ist die Angst vor negativen Konsequenzen doch sehr groß. So geben weit über die Hälfe der Befragten an, die Angst die Situation für sich selbst zu verschlimmern würde sie davon abhalten etwas gegen Mobbing zu tun und 63,6 Prozent geben an, sie hätten Angst vor negativen Auswirkungen auf ihren Job, sollten sie sich wehren.

Auffällig ist, dass Frauen sich, die laut unserer Studie etwas häufiger gemobbt werden als Männer, eher Angst davor haben ihre eigene Situation zu verschlimmern (72,2 Prozent), während Männer eher besorgt sind um ihre Karriere (65,4 Prozent), wenn sie sich bei Mobbing wehren.

Frauen haben auch größere Angst, dass sie selbst zum Opfer werden könnten (50 Prozent), wenn sie einer KollegIn helfen und in eine Situation einschreiten, während Männer wiederum die negativen Auswirkungen auf ihren Job fürchten (53,7 Prozent).

Top 4 Gründe warum Kollegen bei Mobbing nicht helfen

 

Hilfestellung von der Firma bei Mobbing

Der Großteil der von uns Befragten ist sich darüber einig, dass sie die Firma aufgrund von Mobbing verlassen würden (76,1 Prozent). Dieser Umstand und die 22,2 Prozent der Befragten, die sich krankschreiben lassen würden oder trotz der hohen psychischen Belastung weiterarbeiten würden, sollte ein Weckruf für Firmen sein, besonders wenn ihnen daran liegt, qualifiziertes Personal zu binden.

Unsere Expertin sagt dazu: „Wenn man Firmen klarmacht, dass es sie irrsinnig Geld kostet, dann ist das der beste Motivator etwas zu tun. Wichtig ist auch hier den Krankenstand zu berücksichtigen, denn wenn es Kollegenmobbing gibt und das von oben geduldet wird, damit man den Mitarbeiter loswird, dann wollen ja Kosten gespart werden aber das Gegenteil ist oft der Fall, wenn Menschen eben krank werden.“.

In der Realität wird diese Situation leider oft nicht miteinbezogen und so bekommen viele Mobbingopfer am Arbeitsplatz nicht die Hilfe, die sie benötigen. In erschreckenden 63,6 Prozent der Fälle reagiert die Firma laut unserer Studienteilnehmer lediglich auf akute Mobbingfälle oder es wird überhaupt nichts unternommen. Weiterhin geben rund ein Viertel der Befragten (24,6 Prozent) an, ihre Firma habe Regeln bezüglich Mobbing in den Verhaltenskodex aufgenommen.

Was tun österreichische Firmen gegen Mobbing

Lediglich 83 der 500 Befragten gaben an, dass strenge Maßnahmen von Vorgesetzten ergriffen wurden. Das bestätigt Mobbingexpertin Knizak: „Natürlich haben manche Firmen einen Code of Conduct, oder eine Betriebsvereinbarung, aber das Ganze muss eben auch gelebt werden in der Firma, es reicht nicht, dass es auf dem Papier steht, das nützt überhaupt nichts. Es passiert in vielen Fällen wenig und ich denke es passiert dort am wenigsten wo das Interesse daran einen Konflikt im Ernstfall zu lösen sehr gering ist und andere (wirtschaftliche) Interessen wichtiger sind.“.

 

Wie verhalten in einer Mobbingsituation? Tipps von unserer Expertin

Auch wenn es laut Psychotherapeutin Knizak kein Patentrezept gibt, da jeder Fall individuell betrachtet werden sollte, so hat sie doch diesen Ratschlag für ArbeitnehmerInnen, die sich gemobbt fühlen: Wer gemobbt wird, sollte versuchen die Isolation zu verlassen, in die man als Opfer gedrängt wird. Das bedeutet im Klartext, dass versucht werden sollten sich die Kontakte bei der Arbeit zu bewahren mit denen der Kontakt grundsätzlich gut ist.

Außerdem sollte die Freizeit genutzt werden, um Kraft zu schöpfen, sich der Familie oder Freunden anzuvertrauen und die Situation zu verstehen. „Wenn die Leute erst einmal verstehen, wo das Problem liegt und warum etwas passiert, dann wirkt das oft schon sehr entlastend.“, so die Expertin. Wichtig ist auch, dass man sich Hilfe bei einer neutralen Person sucht, denn oft kann Rat besser angenommen werden, wenn keine persönliche Verbindung besteht.

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